Dr. Johanna Ullrich, SBA Research: Wir brauchen Role Models

Dr. Johanna Ullrich ist Senior Researcher bei SBA Research.Dort beschäftigt Sie sich mit Fragen rund um die Sicherheit in Kommunikationsnetzwerken wie zum Beispiel dem Internet. 

 

Zentrale Fragen dabei sind: Wie kann man das System angreifen? Welche Angriffe sind möglich? Wie kann man sich dagegen schützen?

„Computer waren bei mir zu Hause allgegenwärtig“, sagt Dr. Ullrich, dadurch konnte ich meine in der Grafiksoftware Paint gemalten Werke speichern, bevor ich den Befehl „Datei speichern“ überhaupt lesen konnte. Binär rechnen lernte ich mit acht oder neun Jahren. Mein Vater hat mir das mit Straßen-Malkreiden vor unserem Haus beigebracht. Ich fand es komisch, dass Mitschüler die Computer ihrer Eltern reparieren mussten. Konnten die das denn nicht selbst? Eltern konnten ja sonst auch alles. Dass es dann Elektrotechnik statt Informatik wurde, ist als Akt pubertärer Rebellion zu werten“, erzählt Dr. Johanna Ullrich, für die das Internet ein Experiment ist, das dem Labor entkommen ist. 

„Es gibt keine Baupläne oder Karten, keinen Masterplan. Es wandelt sich einerseits ständig indem neue Technologien ältere ablösen. Andererseits herrscht aber auch eine gewisse Trägheit, wenn Änderungen zum Beispiel aus Sicherheitsgründen notwendig sind. Es ist spannend, diese Änderungen zu messen und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Gleichzeitig ist es faszinierend, dass ein so chaotisch entstandenes Netzwerk stabil funktioniert und sich die Menschheit in immer größerem Ausmaß davon abhängig macht“, so die IT-Expertin. 

In den letzten Jahren wurden Stromnetze verstärkt zum Thema, denn durch die Digitalisierung werden auch sie zu potentiellen Zielen von Cyber-Attacken. Nicht nur hier gilt es, die Sicht eines Angreifers einzunehmen, diese Art der offensiven Forschung schätzt Dr. Ullrich besonders. Dank Ihres Wissens konnte sie beweisen, dass ein bestimmter Algorithmus unsicher war. Dieser Algorithmus sollte die Privatsphäre einzelner schützen, tat es aber dann doch nicht und war zudem in weit verbreiteten Betriebssystemen verbaut. Johanna Ullrich hat zu seiner Verbesserung geführt bevor die Technologie weltweit zum Einsatz kam und Millionen Endnutzer betroffen waren.

„Die Herausforderung liegt darin möglichst viel Wissen aufzusaugen, gleichzeitig sich davon aber nicht ständig ablenken zu lassen“, meint Ullrich zu den großen Herausforderungen ihrer Tätigkeit. Ersteres brauche man um neue Forschungsideen zu generieren, zweiteres um sie dann auch umzusetzen. „Meine Arbeit besteht dadurch aus zwei Phasen, die einander abwechseln. In der kreativen Phase sucht man nach neuen Ansätzen, lässt sich von anderen Arbeiten inspirieren, probiert Dinge aus, ist offen für Anregungen von außen. Erweist sich ein Ansatz als versprechend, folgt die Phase der Umsetzung. 

Man implementiert den Ansatz vollständig, misst, notiert und versucht sich möglichst wenig von anderen Dingen stören zu lassen. Das gelingt manchmal besser, manchmal schlechter.“ Um in ihrem Job erfolgreich zu sein, bedürfe es vor allem Interesse am Thema, Hartnäckigkeit, Detailverliebtheit und zu guter Letzt etwas sprachliche Gabe. Sonst werde das Niederschreiben der Forschungsergebnisse zur Qual. Noch immer sei ihr Job eine Männerdomäne. „Ich beobachte häufig, dass das Interesse da ist. Eine Menge junger Frauen begeistern sich für das Programmieren, für Technologie, für Grundlagenforschung. 

Die Frage ist, wie wir jene nun dazu bringen können, entsprechende Berufe auch zu ergreifen“, sagt Dr. Ullrich. Wichtig seien Role Models, „denn wenn Frauen in solchen Berufen tätig sind, kommen weitere nach.“ Die Ausbildungssituation in Österreich sei gut. Es gäbe eine breite Vielfalt an Angeboten an Universitäten und FHs, von spezalisierten bis eher breit aufgestellten Studiengängen. W

ährend in Security ursprünglich Informatiker und Mathematiker rekrutiert wurden, werden es heute immer mehr Elektrotechniker und Absolventen anderer Fachrichtungen. Die umfassende Digitalisierung bringe Security in immer mehr Bereiche und man brauche Experten, die diese Domänen verstehen. Ihr Rat an Frauen: Einfach einmal anfangen. Die anderen würden schließlich auch nur mit Wasser kochen. Früher habe sie selbst häufig gezweifelt, ob sie dies oder das könne, ob es für sie passe. „Mittlerweile packe ich die Sachen lieber einmal an. Möglicherweise ist es spannend oder lehrreich, und wenn etwas nicht passen sollte, habe ich immer noch die Möglichkeit es zu ändern.“

Foto: SBA Researc


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