Qotenmäßig absolut auf Schiene: Frauenpower im Vorstand der ÖBB

Zwei der drei Vorstandsmandate der ÖBB Personenverkehr haben Frauen inne – Silvia Hackl und Evelyn Palla im Doppeltalk.

 

Vor zehn Jahren erschien die erste Ausgabe ABW. Ein Blick zurück: Wo waren Sie vor zehn Jahren beruflich tätig, in welcher Funktion?

Valerie Hackl: Vor zehn Jahren war ich als Consultant bei Bain & Company tätig. Die Jahre in der Beratung waren für mich eine wertvolle Basis für meine berufliche Laufbahn. Dort habe ich gelernt, wie man strukturiert und zielorientiert Ergebnisse erreicht und dafür auch Akzeptanz gewinnt.

Evelyn Palla: Die Zeit um 2007 herum war sowohl in meiner beruflichen Laufbahn als auch privat eine ganz besondere. Mit dem Aufbau des Online-Energieunternehmens E-wie-Einfach für den deutschen Energiekonzern E.ON habe ich meine erste kaufmännische Führungsposition übernommen. Gleich danach bin ich als Leiterin des Controllings in die große Italien-Holding von E.ON nach Mailand gezogen.

Und dazwischen lag als privates Ereignis – für mich das größte Wunder dieser Welt – die Geburt meines ersten Sohnes, der heuer wie das ABW seinen zehnjährigen Geburtstag gefeiert hat. Das war eine spannende Zeit: neuer Job, neue Stadt, das erste Kind. Im Nachhinein denke ich mir manchmal, ich muss verrückt gewesen sein, das alles auf einmal zu machen. Aber danach sind noch zwei Kinder dazu gekommen und beruflich ist es auch gut weitergegangen. Das hat also schon gepasst.

Bitte nennen Sie uns Ihr Business-Highlight der vergangen zehn Jahre?


Valerie Hackl: Stolz bin ich auf unser Produkt ÖBB Nightjet. Damit haben wir uns in die internationale Liga katapultiert und sind mittlerweile DER mitteleuropäische Anbieter von Nachtreisen im Bahnsektor. Der Nightjet ist somit ein ganz wesentlicher Bestandteil der Internationalisierung im ÖBB Personenverkehr.

Ein ganz aktuelles Highlight ist die erfolgreiche Umstellung des bisherigen Vertriebssystems. Wir haben aus eigener Kraft eine neue Software und eine neue Benutzeroberfläche entwickelt und diese in sämtlichen Vertriebskanälen – von online, mobile über alle Ticketautomaten –  in ganz Österreich integriert, und das natürlich im laufenden Betrieb. Es ist essentiell, dass wir unseren Kundinnen und Kunden eine klare und einheitliche Verkaufslogik bieten und im Backend ein einheitliches Trägersystem haben. Die Entwicklung und Ausrollung ist in Anbetracht der Größe und Komplexität des Vorhabens sehr gut gelungen. Wir haben damit einen signifikanten Beitrag zur Digitalisierung des ÖBB Personenverkehrs geleistet und uns fit für die Zukunft aufgestellt.

Evelyn Palla: Mein größtes Highlight passiert eigentlich jeden Tag. Mit meiner Arbeit trage ich dazu bei, dass die ÖBB hunderttausende Menschen täglich dorthin bringen, wo sie es möchten – in die Schule, in die Arbeit oder zu Ihren Freunden und Familien. Gerade vor Weihnachten ist das wieder ein großes Thema.

Es macht mir Freude, dafür zu sorgen, dass die ÖBB ihre Sache jeden Tag ein bisschen besser machen. Wir schauen darauf, dass die Züge modern und sicher sind, pünktlich fahren und dass der Komfort an Bord stimmt. Und wenn uns das gelingt, ist das mein tägliches Highlight. Natürlich gibt es aber immer ein paar besondere Tage. Etwa wenn wir mit dem Land Vorarlberg und dem Bundesverkehrsministerium die Mobilität auf neue Beine stellen, mit modernsten Nahverkehrszügen. Oder wenn ich die neuen Cityjets in der Ostregion fahren sehe. Auch wenn ich durch Wien fahre und die neuen vernetzten Pläne von U-Bahn und Schnellbahn mit dem modernen Wegeleitsystem sehe, dann denke ich mir: Das war heute ein ganz besonders guter Tag!

Was umfasst Ihr Aufgabenbereich?


Valerie Hackl: Als Vorstandsmitglied der ÖBB-Personenverkehr AG fallen die Bereiche Fernverkehr, Marketing & Vertrieb, IT und Unternehmensentwicklung in meinem Aufgabenbereich.

Evelyn Palla: Ich habe zwei große Aufgabenbereiche. Zum einen bin ich die Finanzchefin der ÖBB-Personenverkehr AG. Wir stehen im Wettbewerb mit anderen Bahnbetreibern und da ist es wichtig, drauf zu schauen, dass die Zahlen stimmen. Wir müssen ja enorme Investitionen in moderne Züge stemmen und da schaue ich, dass sich das rechnet.

In meiner Position bin ich eigentlich in alle Themen tief involviert. Das hilft mir das große Ganze zu sehen. Mein zweiter großer Aufgabenbereich ist die Geschäftsverantwortung für den gesamten Nah- und Regionalverkehr in Österreich. Hier geht es darum, den Menschen ihre tägliche Mobilität zu ermöglichen, zur Schule, zur Arbeit, zu Freunden, zum Ausgehen und wieder nach Hause. Es macht mir Freude, neben meinem Schwerpunkt Finanzen auch operativ und ganz praktisch zu einem guten Service der ÖBB beizutragen.

Wie lief das Jahr 2017 für das Unternehmen?


Valerie Hackl: Der ÖBB Personenverkehr blickt auf ein sehr erfolgreiches Jahr zurück. Wir freuen uns über einen Fahrgast- und Umsatzrekord. Wir haben den Roll-Out der neuen Oberfläche an den Ticketautomaten und die Einführung unseres Nightjets gut gemeistert. Erfolgreich waren wir aber auch mit der Vorteilscard 66, die von den Kunden sehr nachgefragt wird.

Evelyn Palla: Das Jahr 2017 war ein sehr gutes Jahr, in dem mein Team und ich sehr hart gearbeitet haben. Wir hatten uns ambitionierte Ziele im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Mobilität in Österreich gesetzt: Wir haben 60 neue Cityjets in den Fahrgastbetrieb genommen, wir haben begonnen, unsere Flotten mit WLAN und einem Onboard Portal auszustatten sowie den Sitzkomfort und das Fahrgastinformationssystem einiger älterer Flotten wesentlich zu verbessern. Darüber hinaus konnten wir zusammen mit unseren Partnern in ganz Österreich bei einigen Regional- und S-Bahn-Zügen den Takt weiter erhöhen und damit mehr Mobilität anbieten.

Wie schaut ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Valerie Hackl: Mein Terminkalender ist gut gefüllt. Das Spannende an meinem Job ist die immense Spannweite an unterschiedlichen Themengebieten – von Technik bis Vertrieb, von operativem Betrieb bis Strategie. Die Herausforderung ist, in einem sich massiv verändernden Markt ein qualitativ hochwertiges Leistungsversprechen sicherzustellen und dieses Tag für Tag unter Beweis zu stellen. Dazu braucht es oft rasche und mutige Entscheidungen.

Evelyn Palla: Mein Tag beginnt sehr früh. Als Erstes checke ich immer die Verkehrssituation, schaue ob der Zugverkehr regelmäßig läuft. Wenn alles normal läuft, dann ist erst mal Familienzeit. Mein Mann, der ebenfalls im Management arbeitet, und ich achten sehr darauf, dass wir mit unseren drei noch kleinen Kindern gemeinsam frühstücken und zusammen in den Tag starten.

Um kurz nach acht bin ich dann im Büro, schaue mir die Pünktlichkeits- und Zufriedenheitswerte an und starte mit den ersten Besprechungen. Ganz wichtig ist die enge Zusammenarbeit mit den Landesregierungen und dem Bundesverkehrsministerium. Denn sie sind für viele unserer Strecken Auftraggeber. Dieser Teil macht mir sehr viel Freude. Da gibt es großartige Menschen, die wirklich etwas für unser Land bewegen wollen. Es macht einfach Freude gemeinsam daran zu arbeiten, dass Mobilität in Österreich für alle Menschen in hoher Qualität und zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung steht.

Am Abend esse ich meist mit den Kindern und bringe sie zu Bett. Und dann setze ich mich noch mal an die Emails und plane den nächsten Tag. Gute Organisation ist wichtig in meinem Job.

Was ist Ihr Erfolgsrezept


Valerie Hackl: Ich habe als Kind und Jugendliche Rhythmische Sportgymnastik ausgeübt. Dabei habe ich Leistungsorientierung und Zielstrebigkeit von klein auf verinnerlicht. Ziele festsetzen, Leistung erbringen und ergebnisorientiert arbeiten habe ich somit früh gelernt. 

Evelyn Palla: Ganz ehrlich: Darüber mache ich mir nicht so viele Gedanken. In bin, wer ich bin. Ich kann, was ich kann. Wenn ich damit gut durchs Leben komme, soll’s mir recht sein. Aber was für mich immer wichtig war, ist die Gewissenhaftigkeit. Das klingt vielleicht auf den ersten Blick ziemlich unsexy. Ich bin aber davon überzeugt, dass die Gewissenhaftigkeit ein Erfolgsrezept sowohl für Karriere als auch für privates Glück ist.

Und was vielleicht noch interessant ist: In den mittelalterlichen Allegorien wurde die Klugheit als Frau dargestellt. Und das wird schon einen Grund gehabt haben!

Wie schaut es mit Ihrer Work-Life-Balance aus?


Valerie Hackl: Mein Ausgleich zum Berufsalltag ist Musik und die körperliche Bewegung – vorzugsweise in den Bergen und im Wald. Das sind Orte, wo ich Energie tanke und Kraft schöpfe.

Evelyn Palla: Ich arbeite gerne und ich lebe gerne. Für mich sind das keine Gegensätze. Es geht immer nur darum, zum richtigen Zeitpunkt das Richtige oder Richtigere zu tun. Meist geht sich das eh gut aus, aber manchmal brechen eben zwei Wellen gleichzeitig. Ich habe das Glück, einen Mann zu haben, der Familie als gemeinsame Aufgabe begreift und immer zur Stelle ist, wenn’s eng wird.

Er ist selbst ein erfolgreicher Manager und kennt die Situation. Wir müssen da nicht viel reden. Über allem stehen unsere drei Kinder. Manchmal sind wir beide da, manchmal ist einer von uns auf Reisen, mal kommt einer später, mal geht nur einer von uns zum Elternsprechtag. Aber wir sind da. Und unsere Kinder sind wunderbar. Sie sind noch klein und machen ihre Sache schon so großartig. Mit ihnen haben wir drei wundervolle Persönlichkeiten bei uns. So nahe wie jetzt haben wir sie ohnehin nur für kurze Zeit. Wir wissen, dass jede Minute mit ihnen kostbar ist.

Fotos: ÖBB/Sabine Hauswirth


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