Dr. Karoline Haderer, Garanta Versicherung: Versicherer werden in Zukunft nicht nur als reine Versicherer agieren

Die Vorständin der Garanta Versicherung und Leiterin des Konzernmarketings der Nürnberger Versicherung im ABW-Interview.

 

Die Zahl der persönlichen Kundentermine hat sich natürlich reduziert. Doch dank der guten technischen Infrastruktur im Außendienst konnten wir wesentliche Einbrüche im Neugeschäft vermeiden. Denn Kunden und Vertriebspartner können Verträge aufgrund digitaler Lösungen auch ohne persönlichen Kontakt abschließen.

Zudem wurde eine Initiative für unsere Vertriebspartner ins Leben gerufen, um ihnen in Corona-Zeiten bestmögliche Unterstützung zu geben. Und was uns auch sehr freut: Bei uns im Versicherungsbetrieb hat sich noch niemand mit dem Corona-Virus angesteckt. Dazu haben auch die umfassende Informationspolitik, die Hygienemaßnahmen im Haus und natürlich das Homeoffice beigetragen. Denn der Großteil der rund 3.000 NÜRNBERGER Beschäftigten bei uns im Business Tower arbeitet nach wie vor von zu Hause aus“, schildert Dr. Karoline Haderer.

Zufrieden mit den Zahlen

Erfreut zeigt sich Haderer darüber, dass in allen Versicherungssparten eine Erholung verzeichnet werden konnte. In der Schadenversicherung sei die Bestandsentwicklung robust und lege im Vergleich zum Vorjahr deutlich zu. So stiegen die gebuchten Bruttobeiträge bisher um über drei Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

In der Lebensversicherung zahle sich das vorausschauende Wirtschaften in „guten Jahren“ nun aus.

„Wir sind grundsolide aufgestellt und hatten ein richtig gutes Jahresendgeschäft 2020 und ein ordentliches erstes Quartal. Und auch in der Krankenversicherung sind wir mit der Entwicklung sehr zufrieden. So haben wir im Bereich der Krankheitskosten-Vollversicherung als auch bei den Zusatzversicherungen deutliche Zuwächse“, sagt die Versicherungsexpertin.

Mehrkosten durch den Klimawandel

Auch in Zukunft seien Pandemien möglich, ist Haderer überzeugt. Das habe natürlich erhebliche Auswirkungen auf das Versicherungsgeschäft, Stichwort Betriebsschließungsversicherung. Darüber hinaus rücke das Thema Umwelt, nicht zuletzt durch den Klimawandel, mehr und mehr in den Fokus.

„Konkret bedeutet das für uns: Nehmen zum Beispiel Unwetter, Stürme oder Starkregen zu, so steigen auch unsere Kosten. Selbstverständlich leisten wir unseren Beitrag, wenn es darum geht, nachhaltiger zu wirtschaften. So konnten wir unsere Unternehmenszentrale jetzt vom TÜV Süd als CO2-neutral zertifizieren lassen. Und last but not least wird uns in der Versicherungsbranche weiterhin das Thema Regulatorik beschäftigen.“

Mehrere Kanäle werden genutzt

Insgesamt habe sich die Nachfrage bei Produkt- und Serviceangeboten während der Corona-Pandemie auch bei der Nürnberger stärker auf die Direktkanäle verlagert. Dabei komme es zu Pandemie-Effekten: Zum Beispiel sei die Nachfrage bei der Auslandsreisekrankenversicherung zurückgegangen, während die Anzahl verkaufter Hundehalter-Haftpflichtversicherungen stieg. Eine Studie des Digitalverbands Bitkom komme übrigens zum Ergebnis, dass von Online-Angeboten rund um Versicherungen auch klassische Berater profitieren. 


Denn viele Nutzer würden sich zunehmend online über Versicherungen informieren, aber dann doch persönlich beim Vermittler abschließen. Und viele dieser Kunden würden sich nicht auf einen Kanal festlegen. Die Herausforderung sei daher, die Nutzer bei der gesamten kanalübergreifenden Customer Journey an jedem Service-Punkt passend zu bedienen.

„Und hier investieren wir gezielt in neue Angebote, Prozesse und Omni-Kanal-Kompetenzen sowie deren Vernetzung. So forciert innerhalb der NÜRNBERGER eine zentrale Einheit alle Direktaktivitäten des Unternehmens. Und unsere Tochter evo-X konzentriert sich auf einfache, digitale Lösungen im Segment der Einkommenssicherung.“

Gute und faire Beratung

Karoline Haderer ist sich sehr sicher, dass es auch in Zukunft einen hybriden Vertrieb aus digitalem Verkauf und persönlicher Beratung geben werde. „Schließlich entscheiden unsere Kunden, ob sie telefonisch, über ein Vergleichsportal, einen Vermittler oder per E-Mail mit uns in Kontakt treten wollen.

Für die einfachen Policen ist der Abschluss digital möglich. Aber bei den komplexen Produkten wie zum Beispiel in der Altersvorsorge und der Berufsunfähigkeit wird es immer einen Vermittler brauchen, der die Menschen berät. Und ich finde, das ist wichtig! Denn Kunden haben ein Recht darauf, gut und fair beraten zu werden. Allerdings wird die Beratung in Zukunft natürlich noch viel technologieunterstützter ablaufen“, sagt Haderer.

Nützliche Kunden-App

Die Vorständin der Garanta Versicherungs AG, die Teil der Nürnberger Versicherung ist, ist davon überzeugt: Versicherer werden in Zukunft nicht nur als reine Versicherer agieren. „Ich denke, es werden diejenigen Unternehmen erfolgreich sein, die ihren Kunden über den reinen Versicherungsschutz hinaus echte Mehrwerte bieten können.

Also gerade auf dem Gebiet der Gesundheitsvorsorge. Und da sind wir als NÜRNBERGER auf einem sehr guten Weg. Zum Beispiel bieten wir unseren Kunden, die ein Einkommensschutz-Produkt abgeschlossen haben, unsere App „Coach:. Diese können sie kostenfrei in ihrem Alltag nutzen.

Mehr als 3.000 digitale Gesund­heitskurse zu den Themen Bewegung, Achtsamkeit und Ernährung sorgen für ein breites Spektrum an Trainingsmöglichkeiten. Und gepaart mit innovativen Produkten und nicht zuletzt einer starken Marke blicken wir als NÜRNBERGER positiv in die Zukunft.“

Flexibles Arbeiten bleibt bestehen

„Corona hat uns dazu gezwungen, am größten Homeoffice-Experiment der Welt teilzunehmen“, sagt Dr. Haderer. Man habe daraus gelernt und schon im letzten Sommer gemeinsam mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Parameter für ein neues Normal nach Corona entworfen.

„Uns war es wichtig, das Thema ganzheitlich zu betrachten, also Mensch, Methode und Arbeitsumfeld in Einklang zu bringen. Kurzum: Auch nach der Pandemie werden wir unserer Belegschaft flexibles Arbeiten ermöglichen. Doch wir wollen keine starren Homeoffice-Quoten festlegen. Vielmehr wollen wir unseren Mitarbeitenden künftig noch mehr Flexibilität bieten.

Wir sprechen von ‚standardisierter‘ Flexibilität im Hinblick auf Mensch, Arbeitszeit und Arbeitsort. Schließlich sind wir Menschen soziale Wesen und brauchen auch echte Face-to-Face-Kommunikation.“

Foto: Nürnberger Versicherung


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