CEE-Karriere: Mag. Svetlana Smiljanić, Vorstandsmitglied der Wiener Städtische Osiguranje in Serbien, im ABW-Talk

Mag. Svetlana Smiljanić ist Vorstandsmitglied der Wiener Städtische Osiguranje in Serbien, die zur Vienna Insurance Group in Österreich gehört.  

 

Frau Smiljanić, seit wann sind sie im Vorstand der Wiener Städtischen Versicherung in Serbien und wie beschreiben Sie den beruflichen Alltag in dieser Position?

Ich bin etwas länger als ein Jahrzehnt im Vorstand, seit dem 01.03.2011. Ich bin für sechs Abteilungen zuständig, von der Personenversicherung, über die Schadenabteilung, dem Personalmanagement bis zum Marketing. Es ist meine Aufgabe sicherzustellen, dass die verschiedenen Abteilungen im Einklang mit der Strategie des Unternehmens tätig sind, sich gegenseitig unterstützen und mit allen anderen Abteilungen des Unternehmens synchron laufen.

Das Jonglieren zahlreicher interner und externer Prioritäten, die Mitarbeit bei strategischen Partnern und die Harmonisierung mit der Strategie der Vienna Insurance Group in Wien prägen meinen geschäftlichen Alltag. Aber, das Bewusstsein, dass ich auf diese Weise das Schicksal des Unternehmens und der Angestellten mitbestimme, verleiht mir die Kraft, jeden Tag mein Bestes zu geben.  

Jetzt gilt Serbien doch als Land mit einer sehr patriarchalischen Struktur. Wie schwer war es für Sie, in so eine Führungsfunktion zu kommen?

Teilweise stimme ich zu, dass das patriarchalische Gesellschaftsmodell in Serbien weiterhin dominant ist. Vielleicht ist das mehr die Folge der gesellschaftlichen Darstellung der Frau in den Medien, die in der letzten Zeit auf die betonte Mutterrolle und jener Person, die für die Hausarbeiten zuständig ist, eingeschränkt wird. Die Realität ist ganz anders.

Ich selbst komme aus einer Familie, in der die Mutter sich auf die gleiche Weise wie der Vater professionell verwirklicht hat. Das ist oft der Fall von in der Großstadt lebenden Familien. Ich habe es nie akzeptiert, auf meine biologischen Funktionen beschränkt zu werden. Im Gegenteil, ich bin mir meiner menschlichen und professionellen Qualitäten bewusst, was auch dazu geführt hat, dass ich mich im Rahmen des Berufslebens immer gleichwertig fühle.

Genauso werde ich auch von anderen Leuten betrachtet, somit hatte ich kein besonderes Problem, meine professionelle Vision zu verwirklichen und in eine Führungsposition zu kommen. Aber, wie auch für alles andere im Leben ist der Glücksfaktor sehr wichtig. Tatsache ist, dass ich als sehr junger Mensch die Gelegenheit bekommen habe, in einem internationalen Unternehmen zu arbeiten, in dem meine Potenziale sehr schnell erkannt wurden und ich die Möglichkeit hatte, mich stets weiter zu entwickeln. 

Sehen Sie sich als Ausnahme oder gibt es in Serbien viele Frauen im Finanzbereich in den obersten Führungspositionen?

Ich bin im serbischen Finanzwesen sehr aktiv und konnte mich überzeugen, dass im Finanzwesen zahlreiche Frauen in Führungspositionen vertreten sind, die eine wichtige Antriebskraft für ihr Unternehmen sind. Ich bin Mitglied des Präsidiums des Serbischen Verbands der Volks- und Betriebswirte, einer der ältesten und renommiertesten Vereinigungen der Wirtschaftswissenschaftler in unserem Land.

Ich bin stolz darauf, Teil der Gesellschaft von sehr geschätzten und erfolgreichen Kolleginnen und Kollegen zu sein. Das war aber nicht immer so. Als ich 2011 als dreiunddreißigjährige Frau Mitglied des Vorstands geworden bin, war ich eher eine Ausnahme als die Regel. Es freut mich zu sehen, dass sich in der Zwischenzeit einiges geändert hat. Wir sind zahlreicher, und das ist hervorragend. 

Wer verwaltet in den serbischen Haushalten üblicherweise das Geld, die Frau oder der Mann? Wie sieht es beim Thema Sicherheit, der Domäne der Versicherungen aus? 

In Serbien gibt es ein Sprichwort das der Mann der Kopf des Hauses, und die Frau der Hals ist, der diesen Kopf steuert. Auch in Konstellationen wo die Frau weniger verdient als der Mann, ist sie meistens die Säule der Familie und beeinflusst wesentlich die finanziellen Entscheidungen in ihrem Haushalt. Das gleiche gilt auch für Entscheidungen im Versicherungsbereich.

Die Versicherungsdurchdringung ist in Serbien noch sehr niedrig. Die Serben geben so rund 105 Euro im Jahr für Versicherungen aus, im Nachbarland Kroatien sind es 345 Euro, in Österreicher rund 2.000 Euro. Fehlt es an der nötigen Finanzkraft oder ist der Absicherungsgedanke noch zu gering ausgeprägt?

Als ein Land, das sich immer noch in der Phase der Beitrittsverhandlungen für die volle EU-Mitgliedschaft befindet, steht Serbien vor zahlreichen Herausforderungen, die noch zu bewältigen sind, um sich an die Normen und Standards der Mitgliedsstaaten anzupassen. Das ist auch mit dem allgemeinen Lebensstandard verbunden, welcher das Wachstum des Versicherungsmarktes wesentlich beeinflusst.

Als Unternehmen, dem es in jedem Jahr gelingt, den jährlichen Ertrag und den Marktanteil zu erhöhen, betrachten wir den relativ unentwickelten Versicherungsmarkt als unsere Chance, einen positiven Einfluss auf das Bewusstseins zur Notwendigkeit der Versicherung auszuüben.   

Wie gehen Sie als Versicherungsunternehmen, dessen Hauptaufgabe es ist, Risiken des täglichen Lebens abzusichern, mit der Coronakrise um? 

Zahlreiche Projekte im Bereich der Digitalisierung, die wir im Laufe des Jahres 2020 unabhängig von der globalen Pandemie realisiert haben, haben sich als wesentlich für die Bewältigung von Herausforderungen und Risiken für unsere Geschäftstätigkeit gezeigt.

Unsere Angestellten sind praktisch ohne Probleme auf Home-Office umgestiegen und mit den Kunden sind wir über die schon hergestellten Online-Plattformen und digitalen Applikationen in Kontakt geblieben. Jetzt, wo in Serbien eine ausreichende Anzahl von Impfstoffen vorhanden ist, haben wir unseren Angestellten ermöglicht, sich gemeinsam zur Impfung anzumelden, um nicht auf individuelle Impftermine warten zu müssen. 

Wer führt aus Ihrer Sicht durch so große Herausforderungen besser durch die Krise, Männer oder Frauen bzw. was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Managementqualitäten?

Oft werde ich gefragt, wer die besseren Manager sind: Männer oder Frauen. Laut Forschungen ist die Multitasking-Fähigkeit einer der wesentlichen Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Frauen können dank ihren biologischen Prädispositionen ihre Aufmerksamkeit erfolgreich gleichzeitig mehreren Sachen widmen, wie auch leichter von einer auf eine andere Priorität übergehen.

Das sehe ich auch bei mir. Ich habe immer mehrere Prioritäten, an denen ich parallel arbeite. Andererseits können Männer sich gründlich auf eine Sache fokussieren und sie detailliert bearbeiten. Meiner Meinung nach soll ein modernes Unternehmen ein balanciertes Verhältnis der weiblichen und männlichen Manager herstellen, darin sehe ich den Schlüssel zum Erfolg. 

Wie bezeichnen Sie ihren Führungsstil, was schätzen die Mitarbeiter an Ihnen?

Die Vielfalt ist einer der Grundwerte unseres Unternehmens. Auch mein Führungsstil beruht auf der Schätzung dieser Verschiedenartigkeit und Vielfalt menschlicher und professioneller Potenziale meiner Mitarbeiter.

Andererseits unterstütze ich Kreativität, analytische Denkweise, ständige Fortbildung und das Bewusstsein, das unser Erfolg so gut ist wie die Zufriedenheit unserer Kunden mit unserer erbrachten Dienstleistung. Die Verantwortung und das Versprechen, das wir unseren Kunden gegeben haben, spiegelt sich in dem von uns gewonnenen Vertrauen wieder. 

Was macht Ihnen an Ihrem Job besonders viel Freude?

Im Rahmen meiner Geschäftstätigkeit gleicht kein einziger Tag dem anderen. Die Versicherung stellt eine unerschöpfliche Quelle neuer Kenntnisse dar, in deren Schaffung ich auch selbst involviert bin. Jedes Jahr führe ich mit meinen Teams zahlreiche Projekte durch deren Ziel es ist, die bisherige Arbeitsweise zu verbessern und unseren Kunden neues anzubieten.

Ständige Veränderungen betrachte ich als Zeichen der Vitalität und Resilienz, und ich könnte mich nie mit einer Geschäftstätigkeit befassen, die schnell in Routine übergeht.  

Was steht privat bei Ihnen im Mittelpunkt Ihrer Interessen? 

Ich bemühe mich, meine Freizeit jenen Aktivitäten zu widmen, mit denen ich meine gesunden - körperlichen und intellektuellen - Gewohnheiten pflege. Es ist mir wichtig, durch sportliche Aktivitäten die negativen Folgen des mehrstündigen Sitzens im Büro zu neutralisieren. Sport hilft mir, mich zu regenerieren und die Welt um mich herum klarer zu betrachten.

Andererseits sind mir künstlerische Inhalte wichtig um den Alltag, der – vor allem im letzten Jahr - oft trübe und ungewiss sein kann, leichter zu überwinden. Ein gutes Buch, ein guter Film, oder Gespräche über die neuen Werke, die wir für unsere Wiener Kunstkollektion auswählen, stellen meine seelische Nahrung dar. Ich freue mich auf den Zeitpunkt, wenn es wieder sicher sein wird zu reisen, neue Destinationen zu erforschen und beliebte Reiseziele zu besuchen. Das sind Erfahrungen, die ich am meisten genieße. Natürlich ist da auch die Familie, die unerschöpfliche Oase der Ruhe, des Friedens und des Glücks. 

Foto: Wiener Städtische Osiguranje 


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