Mag. Gerda Klammer, MBA, Head of HR und Equal Opportunity Officer bei der Linz Center of Mechatronics GmbH, im ABW-Interview.
Warum Haltung über Karrieren entscheidet, wie sie den Kampf um Talente führt und weshalb Vielfalt für sie der Motor echter Innovation ist.
Es war kein strategisch geplanter Karriereweg, der Gerda Klammer ins HR führte, sondern ein Schlüsselmoment. Als Trainerin in der Berufsorientierung begleitete sie junge Menschen beim Eintritt in die Arbeitswelt und erhielt dadurch Einblicke in die Recruitingstrategien unterschiedlichster Unternehmen. Was sie dabei sah, prägte sie nachhaltig: Der Umgang mit Bewerberinnen und Bewerbern hatte unmittelbare Folgen für Selbstvertrauen und Motivation.
Schnell wurde deutlich, dass es nicht allein die fachliche Qualifikation war, die Türen öffnete. Vielmehr waren es Haltung und Empathie, die über Chancen entschieden. Ein wertschätzender Umgang konnte Orientierung geben und Zugehörigkeit stiften, fehlende Empathie dagegen schon beim Einstieg eine unsichtbare Barriere errichten. Für Klammer war klar: Genau an dieser Schnittstelle wollte sie arbeiten. Heute prägt sie als HR-Leiterin die Unternehmenskultur und versteht sich als direkte Partnerin von Geschäftsführung und Führungskräften.
„Für uns ist Authentizität tatsächlich der zentrale Erfolgsfaktor. Unsere Unternehmenskultur muss nicht nur beschrieben, sondern im Alltag spürbar und erlebbar sein.“
Innovation braucht Struktur – und Freiraum
Die Arbeit im Linz Center of Mechatronics bedeutet für Klammer, in einem hochinnovativen Umfeld die Balance zwischen kreativer Freiheit und klarer Zielorientierung zu gestalten.
„Führungskräfte müssen befähigt werden, Selbstorganisation zu fördern und dennoch schnell auf geänderte Anforderungen reagieren zu können“, sagt sie. Weiterbildung und Entwicklung sind für sie kein Beiwerk, sondern ein zentrales Instrument der Wettbewerbsfähigkeit. Pläne müssten flexibel, passgenau und rasch umsetzbar sein. Nur so ließen sich Teams für neue Aufgaben wappnen.
Flexibilität ist für Klammer dabei keine Einbahnstraße: Arbeitgeber müssten attraktive, anpassungsfähige Rahmenbedingungen schaffen, gleichzeitig erwarte man dieselbe Flexibilität von den Mitarbeitenden. Wer es schaffe, Individualität, Agilität und gemeinsame Zielorientierung in Einklang zu bringen, baue ein Arbeitsumfeld, das Innovation nicht nur zulasse, sondern aktiv fördere.
Im Wettbewerb um die besten Köpfe
In der Mechatronik herrscht ein intensiver Wettbewerb um Talente – und für Klammer ist klar: Gewinnen lässt sich nur mit Authentizität. „Unsere Kultur muss nicht nur beschrieben, sondern spürbar und erlebbar sein“, betont sie. Deshalb setzt LCM auf langfristige Beziehungen, gezielte Nachwuchsförderung und frühe Bindung über Praktika und studienbegleitende Jobs.
Employer Branding bedeutet hier nicht Hochglanzbroschüren, sondern echte Menschen: Mitarbeitende werden zu Botschafterinnen und Botschaftern des Unternehmens. Der Auftritt soll durchgängig ehrlich und sympathisch sein – vom ersten Gespräch bis zum Einstieg. Dieses Vertrauen sei, so Klammer, der Schlüssel, um im Wettbewerb um Fachkräfte zu bestehen.
„Modernes HR-Management bedeutet für mich vor allem nachhaltiges HR-Management.“
Frauen in Technik – Türen öffnen statt Barrieren bauen
Ein weiteres Thema, das Klammer am Herzen liegt, ist die Förderung von Frauen in technischen Berufen. „Der einzige Weg, nachhaltige Veränderung zu bewirken, ist die frühe Begeisterung für Technik zu wecken.“ Deshalb öffnet LCM auch Schülerinnen aus nicht-technischen Schulen die Tür zu Praktika und begleitet sie mit persönlichen Entwicklungsgesprächen. Ziel ist es, Berührungsängste abzubauen und positive Erlebnisse zu ermöglichen – auch wenn jemand als einzige Frau in einem Männerteam startet.
Wichtig sei, dass Frauen sich nicht rechtfertigen müssten, warum sie in der Technik arbeiten wollen. Bei LCM gelte: Weder Geschlecht noch Herkunft dürfen über Karrierewege entscheiden. Dass fast alle männlichen Mitarbeiter Elternkarenz nutzen, verhindert zudem die sonst häufig anzutreffenden Karriereknicks. Gleichzeitig gehe es darum, Frauen gezielt zu fördern. Vielfalt ist für Klammer nicht Symbolpolitik, sondern Überzeugung – weil unterschiedliche Perspektiven aus ihrer Sicht die Grundlage echter Innovation sind.
Nachhaltiges HR statt Benefits-Hopping
Modernes HR-Management heißt für Klammer vor allem eines: Nachhaltigkeit. „Es geht nicht darum, ständig neue Benefits zu erfinden“, sagt sie. Im Mittelpunkt stehe, Modelle zu schaffen, die es Mitarbeitenden ermöglichen, individuelle Lebensphasen mit den Zielen des Unternehmens zu verbinden.
Transparenz, klare Kommunikation und das richtige Tempo seien dabei entscheidend. Veränderung müsse so gestaltet sein, dass niemand auf der Strecke bleibe. Für Klammer ist das die Kernaufgabe moderner Personalarbeit – weniger spektakulär als bunte Schlagworte, aber wirkungsvoller für Bindung und Motivation.
Die HR-Führungskraft der Zukunft
Wie sieht die Zukunft des HR aus? Klammer benennt drei Kernkompetenzen. Erstens: Flexibilität. Langfristig ausgefeilte Konzepte könnten in der Dynamik technologischer Entwicklungen schnell überholt sein. Prozesse müssten deshalb schlank und anpassbar bleiben. Zweitens: systemisches Denken. Es helfe, die Dimensionen von Veränderungen zu erfassen, Auswirkungen zu bewerten und diese Sichtweise in Diskussionen mit Entscheidungsträgern einzubringen. Damit ließen sich vorschnelle Entscheidungen vermeiden, die sonst Unsicherheit und Widerstand auslösen könnten.
Und drittens: die Fähigkeit, Brücken zu bauen. In technologiegetriebenen Unternehmen treffen hochspezialisierte Expertinnen und Experten auf ergebnisorientierte Führungskräfte. HR müsse hier als Übersetzer fungieren, gegenseitiges Verständnis fördern und die Basis für nachhaltigen Erfolg schaffen. „Nur so“, sagt Klammer, „lassen sich Unternehmen in einem hochkompetitiven Markt dauerhaft behaupten.“
Foto: LCM/Christian Pecksteiner