Unternehmensberater-Tipps für den Herbst

Das Jahresende naht und die Geschäftszahlen etlicher Unternehmen drohen aus dem Ruder zu laufen. Zudem werden weiter steigende Insolvenzzahlen erwartet. Ist erst einmal der Masseverwalter im Haus, verlieren die Unternehmen außerdem ihre Entscheidungsgewalt. Laut Claudia Strohmaier, Berufsgruppensprecherin Unternehmensberatung in der Fachgruppe UBIT Wien, eignet sich der Herbst besonders gut für präventive Restrukturierungsmaßnahmen. Folgende 5 Tipps bringen frischen Wind in jedes Unternehmen.  

Bereits im 1. Halbjahr 2022 ist die Zahl der eröffneten Unternehmensinsolvenzen in Österreich um fast 100 % auf knapp 1.400 Verfahren gestiegen. In der zweiten Jahreshälfte drohen aufgrund der ausgelaufenen Corona-Hilfsmaßnahmen weitere Nachholeffekte. „Das Interesse der Unternehmen an Umstrukturierungen ist enorm, wie sich bei der regelmäßig stattfindenden Messe ‚Frischer Wind – Unternehmensberatung‘ immer wieder deutlich zeigt“, erklärt Berufsgruppensprecherin Claudia Strohmaier. Die erfahrene Unternehmensberaterin hat daher fünf hilfreiche Tipps ihrer Berufsgruppe auf den Punkt gebracht: 

  1. Vorwurf der Konkursverschleppung vorbeugen

Benötigt eine GmbH Geld, springen häufig die Gesellschafter mit einem Darlehen ein. Das ist günstiger als ein Kredit von außen und es braucht auch keine Sicherheiten. Zusätzlich hat die GmbH aber meist auch noch Bankkredite laufen. Häufen sich nun im Laufe der Zeit die operativen Verluste, könnte das zu einem negativen Eigenkapitel führen. Da das Gesellschafterdarlehen im Konkursfall gleichrangig mit den Bankkrediten aus der Masse bedient würde, könnte das die Banken nervös machen. Abhilfe schafft eine schriftliche Erklärung der Gesellschafter, dass das Darlehen im Insolvenzfalls nachrangig – und damit wie Eigenkapital – behandelt wird. Um also dem Vorwurf der Konkursverschleppung zu entgehen, ist die Erstellung einer Fortbestandsprognose mithilfe einer Unternehmensberatung dringend anzuraten – sprich, eine in Zahlen gegossene Zukunftsplanung. 

  1. Einen detaillierten Liquiditätsplan erstellen

Ein Teilbereich der Zukunftsplanung ist ein detaillierter Liquiditätsplan. Das Aufzeichnen aller zahlungswirksamen Geldflüsse verschafft Klarheit. Ein einfaches Excel-Sheet reicht. Zuerst wird der Anfangsbestand an liquiden Mitteln erhoben, also zum Beispiel welche Barmittel in der Kassa sind und wie hoch das Bankguthaben ist. Als Nächstes folgt die Auflistung aller Einnahmen und Ausgaben und die Errechnung der Gesamtsumme an liquiden Mitteln. Dieser Liquiditätsplan wird im nächsten Schritt in einen Finanzierungsplan übergeleitet. In diesem werden alle möglichen Quellen für frisches Kapital eruiert und sämtliche anderen Finanzierungsschritte und -optionen festgelegt. 

  1. An der Preisschraube drehen, aber richtig

Erlössteigerungen zur Liquiditätsverbesserung sind wichtig, aber leichter gesagt als getan: Man kann versuchen, den Umsatz zu steigern, indem man die Preise erhöht. Das funktioniert aber zuweilen nur, wenn sich die Produkte oder Dienstleistungen von der direkten Konkurrenz positiv unterscheiden. Preissenkungen sind natürlich auch eine Option, weil das mehr Kunden anlockt und dadurch die verkauften Stückzahlen steigen. Die Berufsgruppensprecherin stellt jedenfalls eines klar: „Finger weg von Daumen mal Pi Schätzungen der Verkaufspreise! Diese sollten so kalkuliert sein, dass unter Berücksichtigung aller Gemeinkosten und der eigenen Kostenstruktur profitabel gewirtschaftet werden kann.“

  1. Ein konsequentes Mahnwesen

Die schönsten Umsatzzahlen nützen nichts, wenn sich die offenen Ausgangsrechnungen türmen oder keine Rechnungen gestellt werden. Daher braucht es ein funktionierendes Mahnwesen. Wer selber bei seinen Lieferanten in Zahlungsrückstand ist, neigt dazu, bei seinen Kunden ebenfalls sehr kulant zu agieren, bevor gemahnt wird. Wenn allerdings das eigene Debitorenmanagement nicht gut funktioniert, leiden darunter in weiterer Folge auch die Kreditoren, weil das Geld für die Begleichung der Rechnungen fehlt. Schlussendlich tut man niemandem einen Gefallen, denn solche Nachlässigkeiten können sogar einen Dominoeffekt an Insolvenzen auslösen.

  1. Kreditgeber laufend über Fortschritte informieren

Eine wichtige Parallel-Maßnahme zur Einleitung des Turnarounds ist die Umsetzung der mittel- bis langfristigen Zukunftsplanung. „Informieren Sie unbedingt laufend Ihre Kreditgeber über Ihre Pläne und Fortschritte, denn das hat positiven Einfluss auf die Bonität“, empfiehlt Claudia Strohmaier. Die Leitzinsen wurden zuletzt zwar wieder etwas angehoben, die Risikokomponente spielt bei der Festlegung der Konditionen von Neukrediten aber eine mindestens ebenso große Rolle wie das allgemeine Zinsumfeld. 

Gesamtheitliche Sicht derzeit sehr gefragt

Für Strohmaier steht eines außer Frage: „Nicht alles, was bisher in einem Unternehmen erfolgreich war, ist auch gut für die Zukunft. Genau deshalb sind die gesamtheitliche Sicht und tabulose Herangehensweise in Zeiten wie diesen so enorm wichtig für unsere Wirtschaft.“ Auch Martin Puaschitz, Obmann der Wiener Fachgruppe für Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie (UBIT) ist überzeugt: „Laufende Unternehmensführung bedeutet, sich täglich einem Wettbewerb zu stellen. Mit den Wiener Unternehmensberaterinnen und Unternehmensberatern als Sparringpartner an der Seite gelingt dieses Vorhaben jedenfalls deutlich besser als ohne.“

Foto: dieVogelperspektive


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