Barbara Rauchwarter, APA: Trends oder der Schnee von gestern

Barbara Rauchwarter, Chief Marketing Officer der Austria Presse Agentur (APA), im Austrian Business Woman-Talk über Trends, Entwicklungen und die Wichtigkeit von Weiterbildung. 

 

Sie sind seit mehr als 25 Berufsjahren mit der APA verbunden, was hält diese Beziehung frisch?

In 25 Jahre ist das mein vierter Job in der APA, ich komm ja aus der Redaktion, ging dann noch über Produktmanagement und Unternehmenskommunikation. Allein das ist schon sehr abwechslungsreich. Aber hauptsächlich hält die Volatilität der Branche und die innovative Diversifizierung der APA diese Beziehung frisch. Ich liebe, was ich tue, und da wird es weder langweilig noch eingefahren.

Wie geht es der Marketing-Branche, was ist Ihr Eindruck?

Marketer sind permanent gefordert, mit den neuesten Technologien Schritt zu halten, ihre Marktkommunikation an neue Kanäle anzupassen, dem geänderten Verhalten neuer und alter Zielgruppen Rechnung zu tragen. Das Tempo geben die großen Plattformen wie Google, Facebook, Amazon, YouTube und Co vor. War gestern noch die Reichweite das Maß aller Dinge, ist heute das Engagement der scheinbar einzige KPI.

Schlagworte wie Purpose Marketing erscheinen in den Medien wie Schwammerl nach dem Regen. Produkt- und Servicequalität reichen kaum mehr zur Differenzierung, die Frage nach der Haltung eines Unternehmens, nach seinem Trachten, die Welt zum Guten zu verändern, treibt den Konsumenten. Das ist der Status derzeit. Morgen kann das alles Schnee von gestern sein. Und das halte ich für eine der größten Herausforderungen: In der Fülle an Trends, Technologien, Kanälen und Plattformen auf jene zu setzen, die für das eigene Unternehmen relevant sind. Nicht jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf zu treiben, aber trotzdem keine wichtigen Trends verschlafen. Die Spreu vom Weizen zu trennen ist die Kunst, und für jede Firma ist der Weizen etwas Individuelles.

Sind gute Mitarbeiter schwer zu finden?

Ich sehe den Fachkräftemangel im Marketing nicht als sehr großes Problem, bei weitem geringer als beispielsweise in der IT. Die Luft wird auch im Marketing dünner, wenn man nach Mitarbeitenden mit speziellen, digitalen Skills sucht. Aber ich erkenne in meinem Umfeld keinen echten Engpass. Was ich erkenne ist ein Gap zwischen jungen und arrivierten Kolleginnen und Kollegen.

Während die meisten Bewerbungen von unter 30-Jährigen einen Fokus und auch entsprechende Ausbildung im Digitalbereich aufweisen, sieht das bei längerer Berufserfahrung anders aus. Da ist der Fokus oft auf Events, Print und klassische Marktkommunikation. Das wird alles auch heute noch gebraucht, doch es reicht alleine nicht mehr. Weiterbildung ist tatsächlich für mich das größere Thema als Ausbildung, zumal sich die technologische und analytische Komponente des Marketings auch laufend ändert.

Wann kommt auch bei uns – dank neuer Technologien – der „gläserne Kunde“?

Ich bin keine Hellseherin. Was allerdings klar ist: Amerikanische Konzerne gehen bei weitem großzügiger mit Kundendaten um, das dürfen sie auch, weil der Datenschutz kaum irgendwo so streng gehandhabt wird wie in Europa. Und das Augenmerk auf den Datenschutz ist auch gut so. Allerdings erfordern Regelwerke wie die DSGVO oder auch die noch angekündigte E-Privacy-Verordnung ein sehr viel sorgsameres Umgehen mit Daten. Das beschleunigt Projekte rund um KI nicht, manches ist in Europa auch rechtlich nicht möglich. Dennoch gib es engagierte und innovative Projekte auch im heimischen Marketing, viele davon verfolgen andere Ziele als den gläsernen Menschen.

Was entgegnen Sie Skeptikern neuer Technologien?

Liebe Skeptiker, die Skepsis wird wenig helfen, die Digitalisierung schreitet voran, KI wird noch viel stärker kommen, ob ihr das wollt oder nicht. Ich würde euch empfehlen, euch damit zu beschäftigen und Projekte zu entwickeln, die dazu beitragen, Nutzen zu stiften, den Menschen das Leben zu erleichtern. Verweigerung bringt uns nicht weiter. Und speziell in Europa sollten wir uns daran machen, KI zu fördern, damit uns weder Ost noch West uneinholbar überholen – falls das noch zu verhindern ist.

In welche Richtung entwickelt sich das Marketing?

Contentmarketing hat nach wie vor großes Potenzial, Podcasts sind hierzulande grad groß im Kommen und bieten neben neuen Möglichkeiten auch das Erreichen neuer Zielgruppen. KI und Augmented Reality sind sicher große Zukunftschancen, die erst auszuloten und dann zu nutzen sind. Auch datadriven Marketing wird immer wichtiger im Mix. Das sind aus heutiger und meiner Sicht die wichtigsten Trends – und morgen kann das Schnee von gestern sein ;)

Foto: APA

 

 

 


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