Dipl.-Psych. Jana David-Wiedemann, CEO von BBDO Wien: KI ist schon lange Teil unseres Business

Als CEO von BBDO Wien hat sie nicht nur eine Leidenschaft für den Aufbau von Marken und auffallend gute Kreationen, sondern auch für Zukunftsthemen, die für die Branche relevant sein könnten.

 

Ist KI im Agentur-Business schon angekommen?

Künstliche Intelligenz ist schon seit langem Teil unseres Agenturalltags, sei es in Form von Chatbots, digitalen Sprachassistenten oder Programmatic Advertising, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Von den vielfältigen Möglichkeiten, welche die Technik mit sich bringt, profitieren wir in der Agentur schon seit vielen Jahren. Aufgrund des Durchbruchs von ChatGPT ist diese Thematik momentan wieder präsenter im aktuellen Diskurs, vor allem hinsichtlich der berechtigten Frage, wem überhaupt die Rechte an den von dem Programm produzierten Inhalten gehören.

Welche Chancen und Risiken sehen Sie?

Für uns Kreative ist es sehr hilfreich, dass es immer wieder neue Impulse aus der KI-Welt gibt – diese neuen Denkanstöße nutzen wir als Inspiration beim Entwickeln von neuen Ideen, aber auch um zu verstehen, in welche Richtung wir uns zukünftig weiterbewegen werden. Wichtig ist dabei vor allem, dass wir ein vorausschauendes Bewusstsein für die Unterschiede zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz entwickeln. Wie wir bei ChatGPT beispielsweise sehen, agiert künstliche Intelligenz vernunftbasiert – das heißt, sie muss mit Daten gefüttert werden und lernt auf Basis dessen, welche Worte am ehesten aufeinander folgen sollten und entwickelt nach diesem Schema Texte und Inhalte. Und genau dieser Mechanismus steht klar im Widerspruch zu dem Kern unseres Geschäfts, der Kreativität. Denn diese speist sich im Gegensatz zu KI aus Intuition, Empathie und Moral, mit dem Ziel, Sehnsüchte zu bedienen und Herzen zu berühren – und das geht nur, wenn wir selbst Emotionen spüren. Das kann KI bis dato nicht. 

Was bedeutet der Einsatz von KI für kreative Berufsbilder?

Kreative Berufe sind stetig im Wandel, mit oder ohne KI. Unsere Anpassungsfähigkeit stellen wir kontinuierlich unter Beweis, sei es während wirtschaftlichen Krisen, einer Pandemie oder nun mit künstlicher Intelligenz. Denn nur wer mit der Zeit geht und sich verändert, bleibt auch relevant.

Die aktuellen Diskussionen über künstliche Intelligenz zeigen, dass sich zusätzlich zur Technologie auch andere Disziplinen weiterentwickeln müssen. Unter anderem in den Bereichen Kunst und Kreativität hat sich enorm viel getan, beispielsweise die Veränderungen im Nutzungsverhalten. Die Sorge, dass KI unsere Jobs gefährdet und kreative Menschen ersetzen wird, teile ich jedoch nicht. Eher wird es darauf hinauslaufen, beides zu vereinen und die Vorteile daraus zu ziehen. 

„No Humans, No Delays, No Budget“, die KI-Agentur Uncreative Agency sorgt aktuell mit diesen Versprechen für Aufsehen. Inwieweit müssen sich herkömmliche Agenturen verändern, um am Zahn der Zeit zu bleiben?

Veränderungsfreude ist Teil unserer BBDO-Agentur-DNA. Das Auftauchen von KI-Agenturen ist so gesehen eine Chance, noch zukunftsorientierter zu denken und aus den unterschiedlichen Zugängen und Outputs das Beste herauszufiltern. Das ist natürlich abhängig von den Aufgabenstellungen und Briefings der Kunden und vor allem von der Frage, welches Maß an Individualität und schöpferischer Höhe tatsächlich gebraucht wird.

Spannend wird es, wenn KI- und herkömmliche Agenturen zueinanderfinden und sich gegenseitig verstärken. Trotz allen Fortschritts wird es letztendlich aber immer noch menschliche Kreative brauchen, um Intuition, Emotionen und Empathie mit Strategie zu vereinen und das große Ganze im Blick zu behalten: Kreationen dieser Art machen langfristig den Unterschied. 

Foto: Vienna Paint