Ao. Univ.-Prof. Dr. Petra Winter, Dipl. ECBH, Rektorin Vetmeduni Wien: Krisen sind Chancen für Veränderungen

Ausgezeichnet für exzellente Forschungsarbeit, ein erweitertes Studienangebot und eine hohe Abschlussquote – die Rektorin der Vetmeduni kann durchaus zufrieden sein.

 

Verlief das Uni-Jahr 2023 nach Ihren Vorstellungen?

Die Vetmeduni setzt alles daran, um erstklassige Forschung zu betreiben und ein hochwertiges Studienangebot zu schaffen. Dafür benötigt es wissenschaftliche Exzellenz, die eine langfristige Planungssicherheit erfordert. Die Vetmeduni beschäftigt sich mit wichtigen gesundheitlichen Fragen, die Mensch, Tier und Umwelt betreffen. Aufgrund der Inflationsentwicklung waren wichtige Vorhaben gefährdet. Dank des Teuerungsausgleichs durch das Wissenschaftsministerium war es der Vetmeduni glücklicherweise möglich, Zukunftsprojekte wie geplant umzusetzen und damit bin ich durchaus zufrieden.

Wir konnten die Talente- und Nachwuchsförderung in der Forschung sowie unser Studienangebot ausbauen. Mit Herbst erhöhten wir die Studienplätze für Veterinärmedizin und starteten unser neues Masterprogramm „Precision Animal Health“ mit Fokus Digitalisierung im Tiergesundheitsmanagement. Es richtet sich an Veterinärmediziner:innen sowie an Absolvent:innen aus den Agrarwissenschaften, aus der Informatik, Medizintechnik, Biologie oder Humanmedizin. Es fiel der Startschuss für das neue Doktorandenkolleg „Precision Livestock Farming“, das sich dem Einsatz von digitalen Technologien in der Nutztierhaltung widmet. Auch unser interdisziplinäres Doktoratskolleg zum Thema „One Health“ ist angelaufen und zahlreiche neue Professuren und Laufbahnstellen wurden ausgeschrieben bzw. erfolgreich besetzt.

Wie hat sich die VetMed in den letzten Jahren entwickelt, und welche neuen Programme oder Initiativen haben Sie eingeführt, um die Bildungserfahrung der Studierenden zu verbessern?

Die Vetmeduni legt höchste Priorität auf ein hochqualitatives und international wettbewerbsfähiges Studienangebot. Dank unseres reformierten Curriculums, innovativer Lehr- und Lernmethoden und stetiger Qualitätssicherung haben wir die Studierbarkeit nachhaltig verbessert, sodass unsere Studienabschlussquote bei ca. 90 Prozent liegt. Eingedenk der anstehenden Pensionierungswelle bei den Tierärztinnen haben wir in den letzten Jahren die Studienplätze erhöht, sodass ausreichend Absolvent:innen für die tierärztlichen Aufgaben hervorgehen. 

Für ein hohes Niveau im medizinischen Bereich, sind Investitionen in die Infrastruktur notwendig. Dafür haben wir eine neue hochmoderne Universitätsklinik für Kleintiere auf unserem Campus in Wien Floridsdorf errichtet, die vor allem der klinischen Ausbildung zukünftiger Tierärzt:innen dient. Unsere Studierenden werden praxisnah ausgebildet und sie sind in den klinischen Betrieb und die Patientenversorgung integriert.

Ich freue mich, dass wir beim jährlichen weltweiten Shanghai Ranking im Life Science-Fach „Veterinary Sciences“ stets im Spitzenfeld landen. Das zeigt unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit und die herausragende Leistung unserer Wissenschafter:innen.

Welche Herausforderungen und Chancen sehen Sie in der aktuellen Bildungsumgebung?

Ganz aktuell sind wir gefordert, das Potenzial neuer Technologien für die Aufgaben der Veterinärmedizin und wichtige Gesundheitsfragen zu nutzen. Wir müssen Digitalisierung in praktische Anwendungen für den tierärztlichen Alltag überführen. In diesem Zusammenhang sehen wir uns als Impulsgeber und Innovator. Das aktuelle vom Land Niederösterreich geförderte Forschungsprojekt HOLSTEIN hat das Ziel, eine technologische Basis für ein tierärztliches Notfallvermittlungssystem zu entwickeln. Somit könnte die tierärztliche Versorgung auch an Wochenenden, in der Nacht und in entlegenen Gegenden gewährleistet werden, was Landtierärzt:innen durch eine effizientere Ressourcennutzung entlastet und so wiederum den Beruf attraktiver macht.

Welche strategischen Partnerschaften und Kooperationen hat die VetMed Uni etabliert, um den Studierenden praxisnahe Erfahrungen zu ermöglichen?

Die Vetmeduni verfügt über viele erfolgreiche Partnerschaften in der Lehre und Forschung. 

Ein ganz konkretes Beispiel dazu: Die Vetmeduni ist bis weit in den Westen Österreichs präsent - trotz ihres Wiener Hauptstandorts. Seit 2020 betreiben wir eine Außenstelle in Innsbruck zum Thema Wiederkäuermedizin im alpinen Raum. Dazu kooperieren wir für unseren Forschungs- und Laborbetrieb mit der AGES (Agentur für Ernährung und Sicherheit) und arbeiten eng mit dem Land Tirol sowie den vor Ort ansässigen Praktiker:innen zusammen. Unsere Studierenden können ihre vertiefende Ausbildung in Tirol absolvieren, wo sie sich mit den Besonderheiten der Nutztiermedizin im ländlichen Raum vertraut machen und wichtige Kontakte für den Berufseinstieg knüpfen.

Wie unterstützt die VetMed die berufliche Weiterentwicklung der Absolventinnen und Absolventen?

Die Vetmeduni bietet ein Weiterbildungsangebot für Absolvent:innen an. Wir sind gerade dabei, Maßnahmen zur besseren Vernetzung auszubauen. Als wichtig erachte ich, die vielfältigen Karrierewege unserer Alumni sichtbar zu machen, die aufgrund der breiten Ausbildung sehr unterschiedlich ausfallen. Erfolgreiche Absolvent:innen fungieren so als Vorbilder für Studierende und motivieren zu ungewöhnlichen Karrieren.

Welche Erwartungen haben Sie für 2024 und welche Ziele haben Sie sich gesetzt?

Ich erhoffe mir, dass die Gesellschaft mehr ins Handeln kommt und wir Krisen als Chance für Veränderung betrachten. Neue Ideen und Wege dürfen nicht als Lippenbekenntnissen enden. Obwohl unsere Zeiten gewiss nicht einfach sind, verstellt Angst vor der Zukunft den Blick auf das Neue. Persönlich freue ich mich jedenfalls auf 2024 und die Herausforderungen, die kommen werden.

Für die Vetmeduni freue ich mich, dass wir Teil des neuen Ignaz Semmelweis Instituts - kurz ISI - sind, dem Kompetenzzentrum für Infektionskrankheiten aller medizinischen Universitäten. Bisher war die Expertise für Infektionen und Zoonosen über viele Institutionen verteilt. Die Vetmeduni wird dafür eine eigene Professur für vergleichende Infektiologie etablieren.

Foto: Chris Steinbrenner


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